Menschen von der ganzen Welt kommen, um eine von Ammas Umarmungen zu empfangen. Im heutigen Blogbeitrag teile ich meine Erfahrungen mit euch.
Es ist bereits 20:30 Uhr, doch noch immer herrscht eine warme, tropische Luft im indischen Ashram (Amma Ashram Amritapuri), in dem ich mich gerade befinde. Gerade hat hier ein Singkreis stattgefunden. Wenn du jetzt an einen kleinen Raum mit einer lauschigen Stimmung denkst, dann muss ich dich leider enttäuschen.
Die Halle, in der ich bin, ist riesig. In Summe leben 3.000 Menschen im Ashram. Hunderte von ihnen sind gleichzeitig mit mir in der Halle. Und viele von ihnen haben denselben Wunsch, wie ich: Heute eine von Ammas berühmten Umarmungen zu empfangen, der sogenannten Darshan.
Im letzten Blogbeitrag habe ich dir ja bereits erklärt, was es mit diesen Umarmungen auf sich hat. Falls du den noch nicht gelesen hast, dann kannst du jetzt gerne noch nachholen: Mein Kennenlernen mit Amma.
Eine Umarmung - so leicht und doch auch nicht
So einfach es klingt eine Umarmung zu empfangen, der Prozess hier erfordert jedenfalls Geduld. Denn Ammas Umarmungen sind so begehrt wie Autogramme von berühmten Popstars. Zunächst gilt es einen Tocken zu ergattern - eine Art Nummer. Dafür bilden sich zwei Schlangen im Raum: eine für indische Bewohner und eine für internationale Besucher. Etwa eine halbe Stunde stehe ich in der Schlange, bis ich meinen Tocken glücklich in Empfang nehmen darf. Der nette Herr sagt mir, dass ich noch Abendessen gehen kann und dann in einer Stunde wieder hier sein soll. Ich lächle dankbar, denn mein Magen meldet sich bereits zu Wort. Er ist es noch nicht gewohnt erst um 21 Uhr zu essen.
Die Stunde vergeht wie im Flug, denn am Weg zum Abendessen lerne ich Lea kennen. Ein deutsches Mädchen, das heute angekommen ist und auch ihre erste Umarmung von Amma bekommt. Wir unterhalten uns gut: Über Yoga, Reisen und über die Welt. Sie wird nächstes Jahr nach Wien ziehen. Ich grinse verschmitzt - immer wieder interessant, wie das Gesetz der Anziehung Menschen in unser Leben bringt, die eine ähnliche Geschichte haben, wie wir.
Als Lea und ich um 22 Uhr in die Halle zurückgehen, stellen wir überrascht fest, dass es eine weitere Schlange gibt. Diesmal mit Sesseln. Wir setzen uns nebeneinander und bestaunen das Spektakel auf der Bühne. Es gibt Live Musik und auf den großen Monitoren werden Ammas Umarmungen live übertragen.
Vor uns tanzt ein fünfjähriges indisches Mädchen vergnügt herum. Weitere Kinder laufen im Raum herum und spielen. Es ist laut und es liegt Liebe in der Luft. Die Stimmung erinnert mich an die einer Hochzeit. Nur, dass hier jeden Abend so gefeiert wird ;-)
Die Zeit vergeht relativ rasch. Alle paar Minuten rutschen wir einen Sessel weiter. Als wir am Ende der Schlange angekommen sind geht's durch den Securitycheck. Dieser ist strenger als am Flughafen. Wir werden aufgefordert unser Handy abzugeben und unseren Rucksack in ein Regal zu stellen. Dann gehen wir durch einen Metalldetektor und nehmen hinter der Bühne Platz. Schön langsam werde ich ungeduldig: "Nicht schon wieder warten.", denke ich mir. Als ich in Leas Augen blicke, merke ich, dass es ihr ähnlich geht.
Ich bin müde und die Ventilatoren an der Decke blasen kalte Luft herunter. Ich wickle mich in meinen Schal ein. Lea kauert sich neben mir eng zusammen. Ich lächle - erstaunlich wie ähnlich wir uns sind. Der Security hat Mitleid und dreht lachend den Ventilator ab.
Der große Moment naht
Als wir schließlich auf die Bühne dürfen ist es bereits 23 Uhr. Doch leider wartet darauf die nächste Schlange auf uns. Puh, mein Geist verliert nun endgültig die Geduld. Viele Kommentare laufen hier ab: "Was ist das denn bitte? So habe ich mir das aber nicht vorgestellt!" Auch Lea geht's ähnlich. Sie flüstert mir ins Ohr: "Ich glaube das ist die einzige Umarmung, die ich mir holen werde."
Doch nach einiger Zeit beschließe ich mich aus der Abwärtsspirale rauszubewegen. Ich lasse die Gedanken, Gedanken sein und fokussiere mich auf die Energie hier. Ich verbinde mich innerlich mit Amma und da ist sie auf einmal: die Liebe. Dieses wundervolle Gefühl, das ich bei meiner Ankunft im Ashram so deutlich spüren konnte und das ich über die letzten zwei Tage verloren hatte. Ich bade etwas darin und warte geduldig. Meine Neugier steigt: Wie es wohl sein wird sie zu umarmen?
Eine Umarmung der Liebe
Als nur noch eine Person vor mir ist, werde ich nach meiner Muttersprache gefragt. Dann bin ich an der Reihe: Ich knie mich vor Amma auf den Boden. Dann drückt eine Dame mich fest an ihre Brust. Noch bevor die Gedanken sich wieder melden können, spüre ich ein tiefes Gefühl der Geborgenheit in mir aufkommen. Ich spüre Ammas Herzschlag und fühle mich angekommen. Eine Weile knie ich da. Meinen Kopf fest an ihren prallen Busen gedrückt. In meinem Kopf herrscht Stille. Ich fühle mich geborgen und ruhig. Dann streicht Amma mir noch liebevoll übers Gesicht und drückt mir 3 Schokoladen Bonbons und ein wenig heilige Asche in die Hand. Dann ist das Spektakel vorbei.
In mir herrscht ein Gefühl von Liebe und Stille. Ich setze mich noch auf die Bühne zwischen einige andere Menschen, die hier sind, um die Zeremonie zu beobachten.
Ich fühle mich ruhig. Plötzlich spüre ich eine Traurigkeit hochkommen, die ich mir nicht erklären kann. Ich lasse sie zu, sitze da und atme. Als Lea sich neben mich setzt fühle ich mich ein wenig wie ein kleines Mädchen, das mit ihrer Schulfreundin hier sitzt. Nach einigen Minuten stehen wir zusammen auf und verlassen die Bühne. Schweigend.
Wir umarmen uns zum Abschluss. Ich bin innerlich noch immer ruhig und friedlich. Es ist so, als hätte sich etwas tief in mir verändert. So als wäre ich angekommen in diesem Augenblick, ohne den Verhaftungen an das was war. Ich spaziere in Stille zurück zu meinem Zimmer. Über mir leuchten die Sterne und der Mond. Friedlich gehe ich nach Hause. Und auf einer tiefen Ebene verstehe ich die Faszination, die Amma auf die Menschen ausübt. Es ist schwer zu beschreiben, es ist etwas, das jeder für sich erfahren darf.
Jedenfalls schlafe ich diese Nacht so tief wie schon lange nicht mehr. Als ich am nächsten Morgen erwache ist es bereits 10 Uhr. Die Gedanken sind zurückgekehrt. Doch ich weiß, dass der Frieden und die Liebe darunter liegen. Dankbarkeit erfüllt mich - fürs Leben selbst.
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